Faulraum 1 Schlammbehandlung ⇒  ab 2019


Wie funktioniert der Faulraum

Faulräume sind Bauwerke aus Beton, Spannbeton oder Stahl, die in Abwasser Reinigungsanlagen eingesetzt werden. Der Faulraum ist für die Produktion von Biogas, durch den Abbau der Organik im Frischschlamm, zuständig. Dieser Abbau wird im Labor jede Woche gemessen mit der Analyse organischer Trockenrückstand. Durch den Abbau wird der «Frischschlamm» anaerob stabilisiert.

Zusammensetzung Frischschlamm

Frischschlamm besteht aus «Primärschlamm» Rohschlamm aus der mechanischen Reinigungstufe Vorklärbecken und «Sekundärschlamm» Überschussschlamm aus der biologischen Reinigungsstufe Nachklärbecken. Frischschlamm bietet sich an, aufgrund des hohen Gehalts an organischer Substanz, für die Produktion von Biogas. Der hohe Gehalt organischer Fracht wird genutzt für die Gewinnung des Energieträgers Biogas.


BG-300 Schlammbehandlung 1985 - 2019
ARA Untermarch BG Schlammbehandlung

Das Betriebsgebäude BG-300 Schlammbehandlung
Aussenansicht Westseite 2010
am 13.09.2010

BG-300 Schlammbehandlung nach Sanierung 2020
Das Betriebsgebäude Schlammbehandlung

Das Betriebsgebäude BG-300 Schlammbehandlung
Aussenansicht Westseite 2020
am 12.04.2020


Primärschlamm

Partikuläre Bestandteile im Abwasser setzen sich in der Vorklärung bis zu 50 - 60 % ab. Die Abgesetzte Fracht bekommt die Bezeichnung Primärschlamm.

Primärschlamm weist gute statische Eindickeigenschaften auf. Die Eindickung auf einen Trockenrückstand von 2 - 4 % TR im Absetztrichter des Vorklärbecken ist ein üblicher Wert. Aufgrund des hohen Gehalts an organischer, leicht, faulfähiger, Substanzen gehen intensive Geruchsemissionen vom Primärschlamm aus, vor allem wenn er turbulent bewegt wird.

Sekundärschlamm

Beim Abbau der gelösten Abwasserinhaltsstoffe in der biologischen Reinigung entsteht der Sekundärschlamm. Durch die aktive Belüftung der Biomasse werden die enthaltenen organischen Anteile etwa zu 50% veratmet, beziehungsweise in neu gebildete Biomasse überführt. Damit die Belebtschlammfracht auf einem konstanten Wert gehalten werden kann, wird die darüber hinaus neugebildete biologische Sekundärschlammfracht aus dem System abgetrennt. Diese abgetrennte Schlammfracht bekommt den zutreffenden Namensbegriff Überschussschlamm.

Überschussschlamm

Diese aus der biologischen Reinigungstufe abgetrennte Schlammfracht, der sogenannte Überschussschlamm enthält neben der reinen Bakterienmasse auch die inerte, partikuläre Substanz aus dem Zulauf der Vorklärung.

Anaerobe Abbaubarkeit von Frischschlamm

Die Mischung aus den oben erwähnten Klärschlammarten wird Frischschlamm (FS) genannt.

Dieser Begriff bezieht sich auf den nicht stabilisierten Schlamm.

Zusammensetzung Frischschlamm Betriebsjahr 2017

Rohschlamm VKB
 Primärschlamm: (PS)

Anteil:
 ⇒ 72.4 %

Menge:
 ⇒ 35.2 m3

Trockenrückstand:
 ⇒ 3.20 % TR

Fracht:
 ⇒ 1.120t TR

Organik:
 ⇒ 81.82 % GV

ÜSS NKB
Sekundärschlamm: (SS)

Anteil:
 ⇒ 27.61 %

Menge:
 ⇒ 13.4 m 3

Trockenrückstand:
 ⇒ 8.01 % TR

Fracht:
 ⇒ 1.070 t TR

Organik:
 ⇒ 67.85 % GV

(PS) und (SS)
 Frischschlamm:

Total:
 ⇒ 100 %

Menge Total:
 ⇒ 48.6 m3

 >Ø Trockenrückstand:
 ⇒ 4.50 % TR

Fracht Total:
 ⇒ 2.190 t TR

 >Ø Organik:
 ⇒ 75.33 % GV

Abbaubarkeit von Klärschlamm

Glühverlust org.:
 ⇒ % GV

Primärschlamm:
 ⇒ 70 % GV

Überschussschlamm:
 ⇒ 35 % % GV

Frischschlamm:
 ⇒ 50% GV

Trockenrückstand:
 ⇒ % TR

Primärschlamm:
 ⇒ 50 % TR

Überschussschlamm:
 ⇒ 25 % TR

Frischschlamm:
 ⇒ 30 % TR

Schlammarten

Alle 3 Schlammarten unterscheiden sich jedoch, wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben, erheblich in ihrer Zusammensetzung und damit in ihrer «anaeroben» Abbaubarkeit.

Aus Schlammbilanzen der «anaeroben» Faulungen mit Primär- und unstabilisiertem Überschussschlamm ergeben sich folgende mögliche Abbaugrade in einer mesophilen Schlammfaulung:

Der Abbaugrad von Überschussschlamm in der «anaeroben» Faulung wird mit steigendem Schlammalter, in der biologischen Stufe beziehungsweise mit zunehmender simultaner «aerober» Stabilisierung, immer geringer.

FrischSchlammstabilisierung

In hochbelasteten Abwasser Reinigungsanlagen fällt täglich frisches Abwasser mit hohem Gehalt an organischen Substrat an. Die Verwertung dieses Schlammes setzt eine Schlammstabilisierung voraus. übliches Verfahren hierfür ist die «anaerobe» Schlammstabilisierung «Schlammfaulung».

Die anaerobe Schlammstabilisierung

Die «anaerobe» Schlammstabilisierung «Schlammfaulung» findet unter Luftausschluss statt. Dabei werden die organischen Bestandteile des Frischschlammes abgebaut und in Methan, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff übergeführt.

Die «anaerobe» Stabilisierung von Frischschlamm wird zur Energieproduktion angewendet und erfolgt in geschlossenen Faulräumen. Unter «anaerober» Stabilisierung versteht man den Abbau von organischen Verbindungen, die in den Bakterienzellen des Klärschlammes eingeschlossen sind.

Das entstehende Klärgas wird als Energieträger für Heizungszwecke oder als Antriebsenergie für Gasmotoren oder Blockheizkraftwerke «BHKW» verwendet. Die dabei anfallende Wärmeenergie wird für die Beheizung der Faulräume verwendet.

Der gut stabilisierte Schlamm gibt sein Wasser «Faulwasser» in der Regel leicht ab und lässt sich gut entwässern.


Kennzahlen Schlammbehandlung ARA Untermarch im 5 Jahre Vergleich 2002 / 2007 / 2012 / 2017 / 2019

Frischschlamm Eintrag:
 ⇒ m3/Jahr

Betriebsjahr: 2002
 ⇒ 14'768 m3/Jahr

Betriebsjahr: 2007
 ⇒ 16'264 m3/Jahr

Betriebsjahr: 2012
 ⇒ 15'702 m3/Jahr

Betriebsjahr: 2017
 ⇒ 17'736 m3/Jahr

Betriebsjahr: 2019
 ⇒ 16'336 m3/Jahr

Faulraumeintrag:
 ⇒ % TR

Betriebsjahr: 2002
 ⇒ 5.33 % TR

Betriebsjahr: 2007
 ⇒ 4.61 % TR

Betriebsjahr: 2012
 ⇒ 4.60 % TR

Betriebsjahr: 2017
 ⇒ 4.50 % TR

Betriebsjahr: 2019
 ⇒ 5.00 % TR

FS-Fracht Eintrag:
 ⇒  t TR / Jahr

Betriebsjahr: 2002
 ⇒ 786.54 t TR / Jahr

Betriebsjahr: 2007
 ⇒ 750.22 t TR / Jahr

Betriebsjahr: 2012
 ⇒ 722.29 t TR / Jahr

Betriebsjahr: 2017
 ⇒ 798.96 t TR / Jahr

Betriebsjahr: 2019
 ⇒ 717.00 t TR / Jahr

Glühverlust FS Eintrag
 ⇒ % GV Eintrag

Betriebsjahr: 2002
 ⇒  72.72 % GV Eintrag

Betriebsjahr: 2007
 ⇒  73.90 % GV Eintrag

Betriebsjahr: 2012
 ⇒  73.98 % GV Eintrag

Betriebsjahr: 2017
 ⇒  75.33 % GV Eintrag

Betriebsjahr: 2019
 ⇒  74.73 % GV Eintrag

Glühverlust Faulraum:
 ⇒ % GV Austrag

Betriebsjahr: 2002
 ⇒  48.4 % GV Austrag

Betriebsjahr: 2007
 ⇒  51.1 % GV Austrag

Betriebsjahr: 2012
 ⇒  53.1 % GV Austrag

Betriebsjahr: 2017
 ⇒  55.6 % GV Austrag

Betriebsjahr: 2019
 ⇒  56.3 % GV Austrag

Aufenthalt im Faulraum:
 ⇒ Anzahl Tage

Betriebsjahr: 2002
 ⇒ 24.7 Tage

Betriebsjahr: 2007
 ⇒ 22.6 Tage

Betriebsjahr: 2012
 ⇒ 23.4 Tage

Betriebsjahr: 2017
 ⇒ 20.6 Tage

Betriebsjahr: 2019
 ⇒ 22.8 Tage

Temperatur Faulraum:
 ⇒ **** °C

Betriebsjahr: 2002
 ⇒ 32.6  °C

Betriebsjahr: 2007
 ⇒ 33.1  °C

Betriebsjahr: 2012
 ⇒ 37.2  °C

Betriebsjahr: 2017
 ⇒ 38.6 °C

Betriebsjahr: 2019
 ⇒ 38.7 °C

Gasproduktion:
 ⇒ m3/Tag

Betriebsjahr: 2002
 ⇒ 818 m3/Tag

Betriebsjahr: 2007
 ⇒ 826 m3/Tag

Betriebsjahr: 2012
 ⇒  905 m3/Tag

Betriebsjahr: 2017
 ⇒  1'027 m3/Tag

Betriebsjahr: 2019
 ⇒  981 m3/Tag

Nutzbare Energie:
 ⇒  kWh/Tag

Betriebsjahr: 2002
 ⇒  5'104 kWh/Tag

Betriebsjahr: 2007
 ⇒  4'543 kWh/Tag

Betriebsjahr: 2012
 ⇒  4'978 kWh/Tag

Betriebsjahr: 2017
 ⇒  5'649 kWh/Tag

Betriebsjahr: 2019
 ⇒  5'396 kWh/Tag

Abbauleistung:
 ⇒ %

Betriebsjahr: 2002
 ⇒  62.8 %

Betriebsjahr: 2007
 ⇒  57.2 %

Betriebsjahr: 2012
 ⇒  55.8 %

Betriebsjahr: 2017
 ⇒  52.7 %

Betriebsjahr: 2019
 ⇒  52.7 %


Klärgas, Faulgas, Biogas

Biogas ist das gasförmige Produkt des anaeroben Abbaues (Faulung oder Gärung) und kann aus nahezu allen organischen Abfällen hergestellt werden. Entstehungs Orte sind Abwasser Reinigungsanlagen, Deponien und die Landwirtschaft. Die Möglichkeit, mit Biogas den Anteil regenerativer (erneuerbarer) Energieträger an der Strom Erzeugung zu erhöhen und gleichzeitig Verwertung Probleme zu lösen, haben Biogas in den letzten Jahren zu immer grösserer Bedeutung verholfen. Abwasser Reinigungsanlagen können durch eine effektive Biogasnutzung einen grossen Teil des Energiebedarfs selbst decken.

Entstehung von Faulgas

Faulgas entsteht aus dem Abbauprozess von organischem partikulärem Material im Klärschlamm. Dem Faulraum werden vor allem partikuläre Stoffe (Schlamm, bestehend aus Biopolymeren, zum Beispiel Proteine, Kohlenhydrate und Fette) zugeführt.


Folgende sechs Prozesse sind für die Faulgasproduktion erforderlich

  1. Die Hydrolyse von Biopolymeren:

  1. Fermentation von:

  1. Anaerobe Oxidation von:

  1. Acetatabbau

  2. Oxidation von Wasserstoff (H) zu Methan (CH4)


1. Hydrolyse von Biopolymeren

Im ersten Schritt werden die partikulären Stoffe hydrolisiert. Das heisst sie werden in lösliche Stoffe überführt, die von Mikro Organismen als Substrate aufgenommen werden können. Chemisch betrachtet ist die Hydrolyse die Spaltung einer chemischen Verbindung unter Anlagerung eines Wassermoleküls. Im Bereich der Abwasser Reinigungsanlagen wird darunter die Zerkleinerung partikulärer organischer Substanzen durch Einwirkung von Mikro Organismen verstanden. Viele organische Stoffe im Abwasser liegen in Form von Kolloiden oder hochmolekularen Verbindungen vor, die von den Bakterien nicht direkt aufgenommen und abgebaut werden können. Sie scheiden deshalb Enzyme aus, die diese Stoffe in ihre einzelnen, wasserlöslichen Bausteine zerlegen und sie damit für den Abbau verfügbar machen. Dieser Prozess der Auflösung ist sehr komplex. Er ist abhängig von Temperatur, pH-Wert und einer intensiven Durchmischung.

2. Fermentation

Zucker und Aminosäuren werden durch Fermentation (Gärung) in einfache Abbauprodukte überführt. Dieser Prozess läuft recht schnell und vollständig ab. Beim Abbau von Aminosäuren wird Ammoniak (NH3) freigesetzt, das mit Kohlensäure (CO2) reagiert. Dadurch wird im Faulraum ein beträchtliches Säurebildungsvermögen gebildet, das den grossen Vorteil hat das im Normalfall der pH-Wert im Vorfaulraum stabil bleibt.

3. Anaerobe Oxidation

Fettsäuren werden durch «anaerobe» Oxidation abgebaut. «Anaerob» oxidierende Bakterien wachsen nur langsam, was zu Problemen im Faulraum führen kann. Da bei diesem Prozess Wasserstoff (H) produziert wird, sind diese Bakterien darauf angewiesen, dass andere Bakterien laufend den produzierten Wasserstoff entfernen. Wasserstoff oxidierende Bakterien sind also unbedingt notwendig.

4. Abbau von Zwischenprodukten

Sowohl der Abbau von Butyrat als auch derjenige von Propionat sind langsame Prozesse, die für den Faulraum kritisch werden können.

5. Acetatabbau

Der grösste Teil des Methangases im Faulraum wird im Zuge Acetat Spaltung gebildet (zirka 70%). Es sind vor allem 2 Gruppen von Bakterien, die diese Reaktion durchführen. In schwach belasteten Systemen mit langer Aufenthaltszeit von mehr als 15 Tagen reichert sich vor allem «Methanotrix» im Faulraum an. In hoch belasteten Systemen mit kurzer Aufenthaltszeit von weniger als 10 Tagen reichert sich vor allem «Methanosaricina» im Faulraum an.

6. Oxidation von Wasserstoff zu Methan

Aus dem Abbau von Wasserstoff (H) resultieren zirka 30% Methan (CH4) im Faulraum.

Die typische Zusammensetzung von Klärgas